Skip to main content
Vermögensabschöpfung Rechtsanwalt Vermögensabschöpfung Rechtsanwalt

Vermögens­abschöpfung

Unter Vermögensabschöpfung versteht man die Einziehung des Gewinns, der durch Straftaten erzielt worden ist.

Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich in den §§ 73 bis 76b des Strafgesetzbuches, welche systematisch aufeinander aufbauen.

Die Grundnorm der neuen Einziehungsvorschriften bildet § 73 Abs. 1 StGB, wonach die Gerichte eine Einziehung bei einem Tatbeteiligten anordnen, der etwas durch oder für eine rechtswidrige Tat erlangt hat.

Bei der Voraussetzung „etwas erlangt“ handelt es sich in der Praxis um jeden wirtschaftlich wertvollen Vermögensvorteil, z.B. Geldbeträge.

Die „erweiterte Einziehung“

Die Vorschrift zur „erweiterten Einziehung“ wurde durch die Reform sachlich erweitert. Die erweiterte Einziehung nach § 73a Abs. 1 StGB umfasst die Vermögenseinziehung in Fällen, bei denen eine rechtswidrige Tat nicht konkret nachgewiesen werden kann, aber höchst wahrscheinlich vorliegt.

Das bedeutet, dass bei einem Tatbeteiligten Vermögenswerte aufgefunden werden müssen, die er sehr wahrscheinlich aus einer strafbaren Handlung erlangt hat, ohne dass die Herkunft konkret feststellbar ist. Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift ist jedoch, dass der Täter eine andere nachweisbare rechtswidrige Tat begangen hat. Das bedeutet, dass die Vermögenswerte mit unklarer Herkunft im Rahmen einer anderen Straftat aufgefunden werden müssen.

Bisher musste es sich bei der anderen Tat um eine der sogenannten „Katalogstraftaten“ handeln, zu denen insbesondere Bandendelikte und die Bildung krimineller oder terroristischer Vereinigungen zählen. Die neue Vorschrift gilt ohne Einschränkung für alle rechtswidrigen Taten, solange das Gericht von der deliktischen Herkunft des Vermögensgegenstandes überzeugt ist.

Die Einziehung kann gemäß § 73b StGB auch bei „Anderen“ erfolgen. Unter den Begriff „Andere“ fallen all diejenigen, die durch die Tat bereichert wurden, jedoch weder Täter noch Teilnehmer sind. In der Praxis dürften insbesondere nachfolgende Sachverhalte eine erhöhte Praxisrelevanz aufweisen:

01

Vertretungsfall

Bei dem „Vertretungsfall“ erhält der Dritte durch die Handlung des Täters einen Vorteil. Ein klassisches Beispiel für einen Vertretungsfall ist das Vorenthalten von Arbeitsentgelt: Der Geschäftsführer einer GmbH meldet seine Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß bei der Sozialversicherung an. Durch diese Handlung erhält die Firma einen finanziellen Vorteil aufgrund der Ersparnis an Sozialversicherungsbeiträgen.

02

Verschiebungsfall

In diesem Fall „verschiebt“ der Täter das zunächst für sich selbst Erlangte auf einen Dritten, z.B. die Ehefrau/Kinder oder sonstige Verwandte. Die Verschiebung kann dabei auf drei Arten erfolgen: unentgeltlich (durch eine Schenkung), ohne Rechtsgrund oder entgeltlich (Kaufvertrag mit einem Dritten). Oftmals werden in der Praxis mögliche Vermögenswerte von Tatverdächtigen auch in der Form „gesichert“, indem bspw. dritte Personen (z.B. die Ehefrau) Bargeld „bunkern“, bspw. indem die Ehefrau ein Bankschließfach eröffnet und dort vermeintliches „Beutebargeld“ oder sonstige Vermögenswerte wie Uhren, etc. gelagert werden.

Übliche Ermittlungspraxis der Ermittlungsbehörden

Wenn Person X in den Fokus der Ermittlungsbehörden gerät, ist im Rahmen der Vermögensabschöpfung regelmäßig der erste Schritt eine Anfrage bei der BaFin betreffend aller Konten und Schließfächer, etc. der Tatverdächtigten Person X. Dies führt auch dazu, daß Schließfächer von dritten Personen (wie z.B. der Ehefrau) aufgeführt werden, nämlich bspw. dann, wenn der Tatverdächtige X entweder als sog. wirtschaftlicher Berechtigter, oder aber auch nur Zugangsberechtigter, d.h. eine Zugriffsmöglichkeit zum Bankschließfach hat.

Bereits in diesem Moment droht eine Durchsuchung des Bankschließfachs der dritten Person und eine Sicherstellung bzw. Beschlagnahme dort gelagerter Vermögenswerte mittels einer Arrestanordnung.

Wie schon nach alter Rechtslage dient die Beschlagnahme von Vermögensgegenständen der Sicherung der Einziehung (§§ 111b – 111d StPO), während die Einziehung des Wertersatzes (§ 73c StGB) durch den Vermögensarrest (§§ 111e – 111g StPO) erfolgt. Im Grundsatz reicht in beiden Fällen ein strafprozessualer Anfangsverdacht aus, damit die Beschlagnahme oder der Vermögensarrest angeordnet werden kann. Das hat weitreichende Folgen, da allein auf Grundlage eines Anfangsverdachts – eine Schwelle, die leicht überschritten werden kann – signifikante Vermögenswerte „eingefroren“ werden können. Liegt ein dringender Tatverdacht vor, „soll“ die Beschlagnahme bzw. der Vermögensarrest angeordnet werden.